Schmerz.

Humphrey lachte auf und betrachtete mit einem süffisanten Lächeln die geschwungenen Linien des Wortes, das er soeben vor seinem geistigen Auge aufs Papier gezaubert hatte. Es fühlte sich nicht nur uninteressant an, es sah auch so aus. Es war ein langweiliges und ausgelutschtes Thema und noch dazu eins, mit dem er als abgebrühter Optimist und Profi-Zyniker zugleich so überhaupt keine Gemeinsamkeiten teilte.

„Als guter Schriftsteller musst du über alles schreiben können!“, hörte er die Worte einer Person in seinem Kopf, so unwichtig, dass er ihr Gesicht vergessen hatte.

Am Arsch. Humphrey schrieb am liebsten über Dinge, die ihm gefielen. Und am besten gefiel es ihm, darüber zu schreiben, wie jemand darüber schrieb, dass man am besten über Dinge schreibt, die einem gefallen.

Er ließ sich zurückfallen, lachte und dachte über die letzten Zeilen nach. Er musste sich zwangsläufig den irritierten Gesichtsausdruck des Lesers vorstellen, wie er vor seiner Schöpfung saß, die Stirn kräuselte, die Augenbrauen zusammenzog und versuchte einen tieferen Sinn dahinter zu erkennen.

Als nächstes würde er schreiben, dass er sich in seinem Stuhl zurücklehnte und an die schlecht renovierte Decke seines Studentenzimmers blickte. Im Hintergrund lief vermutlich Musik. Irgendetwas aus den 40ern. Das war für ihn die beste Musik, um zu schreiben. All diese Gedanken kamen ihm am ehesten, wenn er sie am wenigsten erwartete und dann war im schlimmsten Fall nicht einmal ein Notizbuch in der Nähe. Aber was nützte ihm schon ein Notizbuch? Er konnte ja nicht schreiben.

Lässig schloss Humphrey die Augen und ließ seine Gedanken noch einmal um diesen interessanten Satz kreisen. Er konnte nicht schreiben? Wie konnte ein Schriftsteller denn nicht schreiben können? Die Antwort war simpel, sofern er keinen Fehler gemacht hatte. Humphrey durchdachte noch einmal den ganzen Gedanken und nickte sich selbstsicher zu. Jepp, er hatte mit keinem Wort erwähnt, dass er Schriftsteller war. Oder tatsächlich überhaupt schrieb.

Noch ein Stück zufriedener als ohnehin schon, zog er die Mundwinkel zu einem breiten Lächeln nach oben und begutachtete die Decke hinter seinem Käfig. Käfig? Spätestens hier musste man ihn für einen gefährlichen Geisteskranken oder einen Schwerverbrecher halten.

Humphrey lachte auf. Es klang wie ein Quieken. Natürlich klang es wie ein Quieken. Er rappelte sich auf, nahm einen Schluck aus seiner Trinkflasche und huschte zurück ins Laufrad. Manchmal glaubte er, dass er sich ein paar Gedanken zu viel machte für einen Hamster.


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